Infrarotfotografie mit der Linhof Technorama und Ilford SFX 200


Im Verlag Edition Panorama ist von Wolfgang Mothes zur Buchmesse 2010 der Bildband „Deutsche Burgen“ erschienen. Im folgenden beschreibt der Autor, wie die Bilder entstanden sind:

Meine Intention war es von Anfang an, die Burgen im Stil der im 19. Jahrhundert aufgekommenen Burgenromantik darzustellen und ihnen eine mystisch-märchenhafte Anmutung zu geben. Damit stand die Filmwahl von Anfang an fest: Es musste ein Schwarzweiß-Infrarotfilm sein, der das meist grüne Umfeld der Burgen – sofern die Sonne darauf scheint – in sehr hellen, manchmal sogar weißen Tonwerten wiedergibt, was zu einer Abstraktion in Richtung „Mystik, Märchen“ führt.

Die Ursache hierfür liegt darin, dass das von der Sonne beschienene Chlorophyll in den Blättern sehr viel infrarote Strahlung, die der Mensch nicht sehen kann, reflektiert und den Film daher kräftig überbelichtet (sog. „Wood-Effekt“).

Meine Wahl viel auf den Ilford SFX 200, der sich von den wenigen noch im Markt befindlichen Schwarzweiß-Infrarotfilmen am besten scannen lässt.

Bevor ich jedoch an die fotografische Umsetzung meiner Bildideen gehen konnte, waren erst einmal eingehende Recherchen notwendig, denn ich musste bei der Vielzahl der deutschen Burgen herausfinden, welche ich fotografieren und wie ich sie ins Bild setzen wollte.

Nachdem ich mir wochenlang im Internet fast alle Burgen angesehen hatte und nun wusste, welche ich endgültig ablichten wollte, waren weitere Vorarbeiten notwendig. Da fast jede Burg ihre „Schokoladenseite“ hat, habe ich diese – wiederum per Internet – durch das Betrachten von möglichst vielen Bildern der infrage kommenden Burg ermittelt.

Ich wusste also nun in etwa, von welchem Aufnahmestandpunkt ich die Burg fotografieren wollte. Um eine möglichst plastische Darstellung zu erzielen, wollte ich die Burg im schrägen Seitenlicht, das die Gebäudestrukturen am besten herausarbeitet, fotografieren. Zu diesem Zweck habe ich mir anschließend die einzelnen Burgen bei Google-Earth angesehen und somit ihre Lage in Bezug auf die Himmelsrichtungen und den Sonnenverlauf ermittelt.

Jetzt musste ich nur noch zu einem Zeitpunkt, an dem die Burg im schräg einfallenden Seitenlicht lag – merkwürdigerweise war dies meistens nachmittags – an meinem vorher bestimmten optimalen Aufnahmeort erscheinen und fotografieren.

Doch halt, eines gab es noch zu berücksichtigen: Das Wetter musste ebenfalls mitspielen, denn eine optimale Schwarzweiß-Infrarotfotografie verlangt wegen des oben beschriebenen Wood-Effektes nach Sonnenschein. Erst wenn die von mir täglich abgefragte Wetterlage „Sonnenschein“ oder „leichte Bewölkung“ prognostizierte, bin ich wirklich losgefahren.

Da man mit den unsichtbaren infraroten Strahlen fotografiert, der IR-Film aber auch sehr stark für das sichtbare Spektrum sensibilisiert ist, muss man, um überhaupt einen „IR-Effekt“ zu erzielen, das Tageslicht durch eine so genanntes „IR-Schwarzfilter“, das praktisch undurchsichtig ist, aussperren. Im Falle des Ilford SFX 200 ist dies ein IR-Filter mit der Bezeichnung 715. Dieses Filter befand sich also immer vor dem Objektiv der Linhof Technorama, was keine Probleme aufwirft, denn diese Panoramakamera mit ihrem Negativformat von 6×17 Zentimetern, ist eine Sucherkamera.

Eines gab es noch zu berücksichtigen: Da die infraroten Strahlen länger sind als die Strahlen des sichtbaren Tageslichts, für die unsere Objektive gerechnet sind, muss eine so genannte „Fokuskorrektur“ vorgenommen werden, denn sonst läge der Brennpunkt der IR-Strahlen hinter der Filmebene mit der Folge von unscharfen Bildern.

Kurz und gut, es muss vor dem Fotografieren noch die Entfernung definiert in den Nahbereich hin korrigiert werden. Wie groß diese IR-Fokuskorrektur ausfallen muss, ist vorher durch Tests zu ermitteln, denn die Angaben auf den Objektiven – so es überhaupt welche gibt – sind meistens auf den nicht mehr lieferbaren Kodak HIE IR-Film bezogen und konnten nicht für meine Kombination Ilford SFX 200 + IR-Filter 715 übernommen werden.

Ich habe den Film mit dem klassischen Feinkorn-Ausgleichsentwickler Ilford ID-11 (baugleich mit Kodak D 76) entwickelt, der in Kombination mit dem SFX 200 einen relativ hohen Belichtungsumfang aufweist, sodass, wenn der Motivkontrast nicht so hoch ist, oft sogar ein Belichtungsspielraum vorhanden ist, was Fehlbelichtungen minimiert.

Die Belichtung habe ich mit dem Handbelichtungsmesser Lunasix F – eingestellt auf 9 DIN/6 ASA – integral gemessen, wobei ich ihn bei der Messung immer leicht nach unten gehalten habe, damit der helle Himmel nicht zu einer zu kurzen Belichtungszeit und eine dadurch bedingte mangelnde Schattendurchzeichnung führen konnte.

Natürlich stand die Kamera immer auf einem stabilen Stativ, denn ich kam oftmals auf Belichtungszeiten von einigen Sekunden. Wenn es mir darauf ankam, das Ziehen der Wolken oder das Fließen des Wassers bildlich darzustellen, habe ich zusätzlich zum IR-Filter noch ein Graufilter ND 3,0 verwendet und damit Belichtungszeiten bis zu 20 Minuten erzielt. Einen sehr schönen Nebeneffekt hatten diese langen Belichtungszeiten: Menschen, die durchs Bild liefen, haben keinerlei störende Spuren hinterlassen, die von den Burgen ablenken konnten.

Bilder + Text: Wolfgang Mothes.

Im Verlag Edition Panorama ist von Wolfgang Mothes zur Buchmesse 2010 der Bildband „Deutsche Burgen“ erschienen, aus dem die hier gezeigten Bilder stammen. (Preis 48,– EUR; ISBN: 978-3-89823-425-2).

Weitere Informationen bei Amazon.

Ebenfalls dort erschienen sowie auch beim DuMont-Kalenderverlag ist der mit einem immerwährenden Kalendarium versehene XXL-Kalender „Deutsche Burgen“ (Bildbreite 1,20 m), der auf der Buchmesse anlässlich der Internationalen Kalenderschau 2011 mit der Goldmedaille als bester Fotokalender seiner Sparte ausgezeichnet wurde.

12 Kommentare zu „Infrarotfotografie mit der Linhof Technorama und Ilford SFX 200“

  1. Hallo,
    das sieht man mal wieder das hinter fantastischen Aufnahmen eine umfangreiche Vorbereitungen absolut notwendig ist. Ich finde die Infrarotfotografie unglaublich ausdruckstark, das würde mich auch einmal reizen, wenn es bloß nicht so aufwändig wäre.

    Mich würde interessieren ob der Infrorotfilter von z.B. LR vergleichbare Ergebnisse erzielt wie ein echter analoger IR Film.

    Spannender Artikel.

    Gruss
    Bodo

  2. Hallo,
    ich glaube mich zu erinnern, dass ich einen Bericht von Herrn Mohtes nebst Fotos in der „SchwarzWeiss“ gelesen und gesehen zu haben.
    Eine ganz fantastische Arbeit, wie finde. Danke für den Bericht.
    Btw. ich lese nun schon eine Weile still und leise mit, und bin sehr froh, dass ich diesen Blog/Seite gefunden habe.

    Beste Grüße
    Ratze

  3. Kitsch as Kitsch can….

    Aber schööööööööööööön!

    Ich bin bei IR nie über die 2 MP Consumer Nikon Coolpix 990 hinausgekommen, die per Dunkelrot- und Schwarzfilter IR Bildchen für Faule bei ISO 400 aus der Hand produzieren konnte…

    Danke fürs Finden/Zeigen!

    PS.: Mein Favorit ist das Rhein(?)panorama plus Burg

  4. Sehr gelungene IR Fotos! Leider mit meiner D300s nicht mehr möglich, das war damals mit meiner D70s noch möglich … werde mir wohl eines Tages wieder eine gebrauchte D70s zulegen, nur für die IR Fotografie 😉

  5. Super Making-Of-Artikel. Am besten gefällt mir das Foto von der Burg Runkel, hier wird dem Märchenzauber auf interessante Art und Weise durch die Streifen am Himmel ein leicht surrealer Touch verliehen, der bie mir sofort Assoziationen in Richtung Weltall und Außerirdische geweckt hat. Aber auch sonst gefallen mir die Arbeiten sehr gut 🙂

  6. Pingback: IR Fotografie: LIcht und Sonne als Spielzeug des Fotografen |Moment Pics

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